Beharrlich. Es wäre auch anders gegangen: Aus Mirjam May (51) hätte eine wackere Beamtin werden können. Sie hat schließlich in Konstanz Verwaltungswissenschaften studiert. Aber heute trägt sie als Sustainability-Managerin den Gedanken der Nachhaltigkeit in die Belegschaft der Wolford AG. Im Bregenzer Vorkloster wurden 1950 die ersten Nylonstrümpfe Europas gefertigt. Heute verlassen Produkte das Haus, die nach ihrem Lebenszyklus wieder vollständig in ihre Bestandteile zerlegt und kompostiert werden können. „Cradle to Cradle“ heißt das im Fachjargon, von der Wiege wieder zur Wiege.
Von Kindesbeinen an
Mirjam May hat es nie in die Verwaltung gezogen. Gleich nach Studienabschluss ging die Lindauerin in eine Marketingagentur. Im Jahr 2000 kam sie dann zu Wolford, wechselte von der Presseabteilung in die Assistenz des Vorstandsvorsitzenden. Seit 1. September hat sie nun endgültig ihr Lebensthema zum Beruf gemacht. Denn Nachhaltigkeit ist der Mutter eines 16-jährigen Buben seit je her vertraut.
„Ich war schon als Gymnasiastin an Aktionen gegen das Waldsterben beteiligt.“ Eben lässt sie sich zur Heilkräuterführerin ausbilden, unterweist andere seit 2015 als Yoga-Lehrerin, ist „mit einer beträchtlichen Portion Gleichmut und Zuversicht ausgestattet“ und macht sich mit viel Freude bei Wolford daran, den neuen Nachhaltigkeitsbericht umzusetzen. Dabei greift sie auf Rüstzeug zurück, das sie in der Ausbildung am Green Campus erworben hat. Dort wurde sie zusammen mit zwölf Frauen und vier Männern von Jörn Wiedemann und seinem Team ausgebildet.
Schon um der vielen Kontakte willen hat sich das gelohnt. „Wir haben eine Menge Best-Practice-Beispiele gesehen“, z. B. der Münchner Teqcycle Solutions GmbH über die Schulter geschaut, wie die Smartphones wiederverwerten. Oder selber in einer Projektarbeit einen „Leihladen“ entworfen. Immer wieder schimmern die 17 SDG's (Sustainable Development Goals) – die großen Nachhaltigkeitsziele durch. Da wird die Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit einem Mal ganz plastisch.
Der (die) Einzelne ist gefragt
Klimawandel? Verzweiflung? Ohnmacht? Von wegen, der einzelne kann eh nichts tun! Mirjam May hat schon ein schwarzes Brett geordert, um die Ideen der Kolleg:innen zu sammeln.
Und wenn sie einmal in ihrem Eifer auf ein ernüchterndes „Die schon wieder…“ stößt, dann hat sie einfach ihren Sohn vor Augen. Der besucht ein technisches Gymnasium mit Schwerpunkt Technik und Management. Er ist ihr Sparringpartner, wenn es um neue Ideen geht, und motiviert sie schon alleine durch seine Existenz: „Was können wir denn tun, dass wir denen noch eine halbwegs intakte Umwelt überlassen? Treiben solche Frage nicht alle Eltern um?“