Seit Herbst 2022 bildet Jörn Wiedemann mit seinem Team am Digital Campus Vorarlberg „Sustainability Manager:innen“ aus. Das hätte sich der 54-jährige Bayer vor Jahren auch nicht träumen lassen. Da war er noch Banker. Hat ein Viertel Jahrhundert in dieser Branche gearbeitet und genoss 2008 „das zweifelhafte Vergnügen die Finanzkrise mitzumachen“.

Von wegen „sichere Bank“
Da blieb kein Stein auf dem anderen. „Die ersten umgefallenen Banken gehörten zu denen, die ich meinen Kunden immer als die sichersten angepriesen hatte.“ Wiedemann spürte überdeutlich: „Irgendwas läuft vollkommen falsch.“ Er begann, andere Quellen zu durchforsten. Der Ausbruch aus der „intellektuellen Inzucht“ seiner Branche bescherte ihm die Erkenntnis, „dass das System an Geburtsfehlern leidet, die von Menschen gemacht sind“. Im Grunde eine gute Nachricht, denn dann können auch Menschen gegensteuern. Das tut er seither.
Zuerst eine Genossenschaft
Jörn Wiedemann ist heute erfahrener Gemeinwohl-Berater und Experte für nachhaltiges Wirtschaften mit Referenzen in vielfältigen Branchen und Unternehmen jeder Größenordnung. Sein Ausstieg aus der Finanzwelt ging ganz klassisch vor sich: Inspiriert von Christian Felbers Gemeinwohl-Ökonomie gründete Wiedemann mit mehr als 40 Menschen 2011 eine Genossenschaft. Als der Euro bedrohlich wackelte, gaben sie ein regionales Geld heraus ähnlich der Talente, die in vielen Vorarlberger Gemeinden schon lange in Umlauf sind.
„Wäre einfach krank geworden“
Nach zwei Jahren hat Wiedemann seinen Job im Bankwesen dann endgültig an den Nagel gehängt. „Jetzt arbeite ich für die Gegenseite.“ Denn das Geschäft mit dem Geld „ist unfassbar bürokratisch geworden“. Wiedemann ist noch mit der Tradition der Handschlagsqualität aufgewachsen. Inzwischen legen sich Formalismen lähmend über jedes Geschäft, kreative Ideen zerbrechen am grünen Tisch in der Zentrale, Kunden werden immer öfter mit standardisierten Produkten abgespeist. Kurzum, „ich wäre einfach krank geworden“.
Rasch wachsendes Berufsfeld
Heute, rund zehn Jahre später, ist Nachhaltigkeit in vielen Unternehmen längst angekommen. Da entstehen eine Menge neuer Jobs. „Ich glaube, es gibt kaum ein Berufsfeld außerhalb der IT, das so schnell gewachsen ist.“
Die Green Campus Ausbildung ab 15. September hat Wiedemann auf 124 Trainingseinheiten in rund drei Monaten angelegt. Ein paar Präsenztage in Feldkirch werden durch Online- und Selbstlernmodule ergänzt. „Sobald die Teilnehmer:innen begriffen haben, worum es geht, werden sie einen Nachhaltigkeitsbericht für ihr Unternehmen schrieben.“ Der wird kaum fertig werden, aber sie werden aus dem Kurs mit herzeigbaren Ergebnissen in ihre Firma zurückkehren.
Was können Sie dann? Frisch gebackene Sustainability-Manager:innen wissen sehr genau, worauf es in der Nachhaltigkeit ankommt. Sie haben gelernt, wie sie Entwicklungen analysieren können. Sie wählen für ihr Unternehmen die richtigen Instrumente aus und kennen die Tools, um Nachhaltigkeitsberichte zu erstellen. Sie können mit Key Performance Indicators (KPIs) genauso umgehen wie mit Umweltkonten. „Die Teilnehmer:innen wissen sogar relativ viel über Nachhaltigkeit im Finanzwesen.“
Mit gelungenen Beispielen von Sustainability Management füllt sich der Markt immer mehr. Sonnentor mit Sitz im niederösterreichischen Sprögnitz zählt dazu und der Outdoor-Spezialist Vaude in Tettnang auch. In Vorarlberg hat die Landes-Versicherung 2020 ihre erste Gemeinwohlbilanz erstellt. Rhomberg Bau hat mit dem „SinnEntFalter“ ihre ganz eigene Form des Nachhaltigkeitsberichts entwickelt. Ist doch schön zu wissen, dass man eine Ausbildung in einem Segment ins Auge fasst, dessen Jobkurve so steil nach oben geht…