Sebastian (35) plant Technikräume, kleiner als jedes Abstellkammerl – und trotzdem bringen sie ganze Bürohäuser ins Gleichgewicht. Keine Heizung, kein Klimagerät, kein Geräusch: Hier regeln dicke Wände, Sonne und kluge Grundrisse die Temperatur ganz von selbst.
Sebastians Büro der 2226 GmbH könnte glatt als Wohlfühloase durchgehen: unten Kunstgalerie, mittags Cappuccino, draußen die Felder. Von drinnen sieht man die Schweiz – wenn die Luft mal klar ist. Doch so klar ist längst nichts mehr: Das Klima macht Sorgen, der Lobbyismus noch mehr. Die EU hat die Berichte zur Nachhaltigkeit entschärft. Weniger Kontrolle, weniger Nachweis, mehr Spielraum für Schönfärber. „Schont die Nerven der Konzerne“, sagt Sebastian, „und killt ein bisschen die Erde.“
Trotzdem, Sebastian bleibt dabei. Hat mit seinem Team eine Mission: CO₂ runter. Die Bau-Branche sei „eine Sauerei“, erzählt er, 30 bis 40 Prozent der Emissionen, alles andere als nachhaltig. Am Ende geht es immer ums Geld. Bauherren rechnen nach. Nachhaltigkeit ist oft zu teuer, sagen sie. Von zehn überzeugt er vier, manchmal fünf. Der Rest bleibt beim Billigen, Hauptsache schnell und kostengünstig. Und trotzdem – vier ist besser als null. „Ein Anfang“, sagt Sebastian.
Den Diplomlehrgang zum Sustainability Manager:in am Digital Campus Vorarlberg hat er trotzdem nicht aus Angst gebucht, sondern aus Trotz. „Man will ja wissen, wofür man kämpft.“ Dass der Kurs so gut besucht war, hat ihn dann überrascht. Viele wie er, sogar ohne dass die Chefs zahlen. „Das hat meinem Gewissen gutgetan.“ Das Beste am Kurs? Für Sebastian sind das nicht die Module, nicht die Zertifikate, sondern: „Die Leute, klar“, sagt er. Einige von ihnen sieht er heute noch, manchmal ganz analog, manchmal zwischen zwei Calls am Rand des Bildschirms. Aus Netzwerk wurde Freundschaft, aus losem Kontakt eine Art verschworenes Grüppchen: Alle wollen was bewegen, keiner will einfach nur abwarten.
Er hat in den vergangenen Monaten viel gelernt – und manches hat selbst ihn erschreckt. Zum Beispiel der Handel mit CO₂-Aktien, die Unternehmen als Ablass für ihre Umweltsünden kaufen. „Turbokapitalismus“, nennt man das. Auch der Rohstoffmangel beschäftigt ihn: Seltene Erden wie Lithium und sogar der Rohstoff Helium könnten knapp werden. Zugleich tut sich viel. Sein Büro ist das beste Beispiel: draußen 30 Grad, drinnen angenehm kühl – ganz ohne Klimaanlage. Fragt man nach der ausgeklügelten Technik, kommt eine entwaffnend einfache Antwort: „Die beste Klimaanlage ist die Architektur selbst. Zum Beispiel helfen automatische Lüftungssysteme und Klappen das Gebäude nachts zu kühlen.“ Nachhaltigkeit ist eben kein Hexenwerk, wenn man sich traut, in einfachen Lösungen zu denken: Weniger ist mehr.